Wir wünschen gute Zusammenarbeit im neuen Landtag Schleswig-Holstein. Das sind unsere Themen:

Verband Deutscher Privatschulen – VDP Nord e.V.
Themenkatalog Schleswig-Holstein

Allgemeinbildende und berufliche Schulen in freier Trägerschaft sind integraler Bestandteil des öffentlichen Bildungswesens in Schleswig-Holstein. Gemeinsam mit den staatlichen Schulformen bieten freie Schulen ein Bildungsangebot, das unter der Aufsicht des Landes jedermann offenstehen soll. Die vielfältigen Angebote der allgemeinbildenden und beruflichen Ersatzschulen und Schulen des Gesundheitswesens sowie die Einrichtungen der Erwachsenenbildung sollen nachhaltig Impulsgeber für das gesamte Bildungswesen sein. Wir wollen die Zusammenarbeit mit den staatlichen Schulen und kommunalen Schulträgern inhaltlich und strukturell fördern und ausbauen. Die freien Schulträger und privaten Weiterbildungseinrichtungen wollen verlässlicher Partner des Landes sein. Der Verband Deutscher Privatschulen (VDP) ist hierfür seit 120 Jahren Ansprechpartner.

1. Wertschätzung und gemeinsame Entwicklung des Schulwesens

Verfassung und Schulgesetz stellen das freie und das staatliche Schulwesen als Bildungsangebote in einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft nebeneinander. Zugleich stellen sie Bildung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe unter die Aufsicht des Staates und stellen Bedingungen für die Verwirklichung der Privatschulfreiheiten: Die freien Schulen sollen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht zurückstehen, die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte soll genügend gesichert und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert werden; private Grundschulen sollen besondere pädagogische Angebote verwirklichen, die im öffentlichen Interesse sind. Als Gegenleistung garantiert der Staat das Ersatzschulwesen als Institution, soll es in seinem Bestand schützen und die Verwirklichung des Grundrechts fördern. Wir stellen fest: Die zeitnahe Partizipation der freien Schulen an systemischen Investitionen in das Schulwesen – und damit die gemeinsame (Weiter-)Entwicklung des Schulwesens hat sich spürbar überall dort verbessert, wo auf der Grundlage der erneuerten Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland die Ersatzschulen nach 70 Jahren Grundgesetz als zur kommunalen Bildungsinfrastruktur zählend erkannt und Zukunftsinvestitionen trägerneutral gefördert wurden. Wo Bildungsinvestitionen des Bundes und der Länder allen Bildungseinrichtungen unabhängig von ihrer Trägerschaft zugutekommen, werden im Sinne des Artikel 104c Grundgesetz private Schulen bei Investitions- und Zukunftsthemen auch in der konkreten  Umsetzung vor Ort gleichberechtigt finanziert und beteiligt. Gleichwohl gibt es Themen, bei denen begonnene Abstimmungs- und Verstehensprozesse  noch nicht abgeschlossen sind. Die Weiterentwicklung schulischer und gesellschaftlicher Standards und die Reaktion auf herausfordernde Veränderungen muss an allen Schulen gelingen können. Dazu braucht es Verlässlichkeit, Vertrauen und Mut in partnerschaftlicher Zusammenarbeit. Wir danken der Landesregierung für die nachweislich positiven Erfahrungen der Kommunikation und der Teilhabe an Unterstützungs- und Investitionsleistungen in der vergangenen Legislaturperiode und in der besonderen Situation der vergangenen eineinhalb Jahre und wünschen uns von der nächsten Landesregierung, daraus zu lernen und mutig weiteres Vertrauen aufzubauen.

2. Gemeinsame Infrastrukturverantwortung

Der Lehrerbedarf in allen Bereichen der schulischen und beruflichen Bildung stellt die Beteiligten am Bildungsprozess, sowohl staatliche als auch freie Träger, vor große Herausforderungen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen benötigen die Schulen in freier Trägerschaft einen größeren Entscheidungsspielraum für den Lehrkräfteeinsatz insbesondere in schulischen Bedarfsfächern jenseits der im Schulgesetz festgeschriebenen Genehmigungspflichten, um Unterrichtsversorgung im Rahmen der genehmigten Schulkonzepte sicherzustellen. Hierzu gehören mehr Gestaltungsfreiheiten bei der Auswahl und dem Einsatz des pädagogischen Personals, etwa durch Möglichkeiten des befristeten Unterrichtseinsatzes als Vertretungslehrerin oder -lehrer im fachfremden oder schulformfremden Unterricht ebenso wie die Partizipation an Angeboten der Lehrerausbildung, -fortbildung und -weiterbildung, einschließlich des Referendariats und des berufsbegleitenden Referendariats für Lehrkräfte ohne Lehramtsstudium mit dem IQSH und eigenen Qualifizierungsangeboten der Ersatzschulen oder Aus- und Weiterbildungsverbünden von Ersatzschulen. Unter Beachtung der Gestaltungs- und Organisationsfreiheiten der Ersatzschulen einerseits und der dauernden Betriebsvoraussetzungen andererseits sind verbindliche und praxistaugliche Regelungen zur Genehmigung und zum Einsatz von Lehrkräften sowie Zugangsmöglichkeiten zu digitalen Unterrichts- und Schulverwaltungsplattformen des Landes bzw. der Kommunen zwischen der obersten Schulbehörde und den Vertretern der freien Schulen zeitnah zu vereinbaren. In den Verwaltungsverfahren über befristete und unbefristete Unterrichtsgenehmigungen ist die schul- bzw. schulträgerindividuelle Didaktik zwingend zu berücksichtigen. Zur gemeinsamen Infrastrukturverantwortung gehört auch eine fairer Umgang auf dem Lehrerarbeitsmarkt, z.B. die Berücksichtigung vertraglicher Kündigungsfristen in Einstellungsverfahren, ein Verbot aktiver Abwerbungsversuche bei Teilnehmern an Fortbildungsveranstaltungen und Hinweise auf freie Stellen der freien Schulen auf den zentralen Webseiten des Ministeriums. Der zivilgesellschaftliche Dialog der Landesregierung im Bereich von Schule und Ausbildung muss stets auch ein Dialog mit den Partnern der freien Schulträger sein. Teilweise finden institutionalisierte Entscheidungsprozesse, die die weitere Entwicklung des Bildungswesens, deren Finanzierung oder akuten Abstimmungs- und Handlungsbedarf mit Schulen und Schulträgern betreffen, noch ohne Vertreter der freien Schulen statt. Dies gilt in besonderem Maße für Zuständigkeiten außerhalb der obersten Schulbehörde.

3. Bildungsauftrag und Finanzierung müssen übereinstimmen: Öffentliche Schülerkostensätze auf realistischer Grundlage vollständig ermitteln

Der Verband Deutscher Privatschulen bekennt sich auch weiterhin zu den Grundlagen der in der 18. Wahlperiode neugeordneten Ersatzschulfinanzierung. Gesetzgeber, Landesregierung und Vertreter der Verbände und Schulen sollten die Entwicklung auch weiterhin beobachten und evaluieren und Bemessungsgrundlagen der Finanzhilfe dort weiterentwickeln, wo finanzielle, sachliche und personelle Zuweisungen des Landes je Schüler ebenfalls Weiterentwicklungs- und Änderungsprozessen unterliegen. Dabei sind alle Ausgaben des Landes je Schüler für schulische Zwecke an den jeweiligen Schulformen und Ausbildungsgängen zu berücksichtigen - nicht nur die Ausgaben am Betriebsort Schule, sondern die Gesamtausgaben für schulische Bildung. Dies gewährleistet, dass Berechnungsgrundlage und Verwendungszweck der Finanzhilfe, also Auftrag und Finanzierung übereinstimmen. Dies gilt auch für die Finanzierung von Personal- und Sachkosten aus anderen Ressorts als dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Besonderes Augenmerk sollte in der neuen Legislaturperiode auf den Bereich der Sachkostenfinanzierung gelegt werden. Die Ersatzschulen sind seit der Schulgesetzänderung 2011 vom interkommunalen Schullastenausgleich abgekoppelt. Der Sachkostenanteil im Schülerkostensatz der Finanzhilfe beruht im Wesentlichen auf den letztmalig für das Jahr 2010 statistisch ermittelten, landesweiten Durchschnittskosten der öffentlichen Schulträger und werden lediglich um den Lebenshaltungsindex dynamisiert. Interkommunal erfolgt der Schullastenausgleich hingegen auf Vollkostengrundlage. Für die Kommunen wurde die Umstellung 2011 damit begründet, das vormals pauschalierte System des Schullastenausgleichs auf Basis von landesdurchschnittlichen Werten bilde die Realität wenig ab. So deckten bereits seit einigen Jahren die so ermittelten Schulkostenbeiträge nicht die tatsächlichen Kosten der öffentlichen Schulträger. Ferner sei das der landesweiten Erhebung zugrundeliegende Datenmaterial immer weniger belastbar, da zunehmend Kommunen dem Statistikamt die erforderlichen Daten nicht mehr zur Verfügung stellten. Nach wie vor sind aber die zuletzt 2010 angefallenen Durchschnittssätze Grundlage des Sachkostenanteils bei der Finanzhilfe der Ersatzschulen. Die für den Bereich der öffentlichen Schulträger erfolgte Umstellung auf Vollkostenabrechnung des Schullastenausgleichs ist daher endlich auch für die Ersatzschulen einzuführen, mindestens aber die Vollkosten der Kommunen zu erheben, wie es im Fall der Investitionskosten bereits schulgesetzlich geregelt ist. Folgekosten der Investitionen in die Digitalisierung der Schulen sind zu berücksichtigen.

4. Von anderen Ländern lernen: Bekenntnis zur Trägerneutralität bei Fördermitteln

Mit der Änderung des Artikels 104 c Grundgesetz ist verfassungsrechtlich geklärt sein, dass die Schulen in freier Trägerschaft finanzverfassungsrechtlich zur kommunalen Bildungsinfrastruktur gehören und Investitionen in die kommunale Bildungsinfrastruktur trägerneutral erfolgen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass sich das Land Schleswig-Holstein im Schulgesetz dauerhaft zur Trägerneutralität und zur schüleranteiligen Beteiligung der freien Schulen bei Förderprogrammen des Bundes, des Landes und der Europäischen Union bekennt. Eine ähnliche Regelung gibt es z.B. in § 18a Abs. 6 Schulgesetz Sachsen-Anhalt: „Ersatzschulen sind an Investitionsförderprogrammen für öffentliche Schulen angemessen zu beteiligen.“

5. Finanzielle Hürden für eine Berufsausbildung weiter senken: Schulgeldfreie Ausbildungen in Fachkräftemangelberufen refinanzieren

Die schrittweise Angleichung der Finanzhilfefördersätze beruflicher Ersatzschulen an die Allgemeinbildung war ein wichtiger Schritt, um finanzielle Hürden für eine berufliche Ausbildung zu senken. Ausbildungsangebote ordnungspolitisch durch unterschiedliche Fördersätze zu steuern lehnen wir entschieden ab, da ein unmittelbarer finanzieller Zusammenhang zwischen Ersatzschulförderung und Schulbeiträgen besteht. Um die finanziellen Hürden für die Aufnahme einer vollzeitschulischen Berufsausbildung an freien Schulen weiter zu senken, sollte das Schulgesetz um Regelungen ergänzt werden, die in Mangelberufen einen pauschalierten Anspruch auf Erstattung der Schulbeiträge erlaubt, damit diese Ausbildungen schulgeldfrei werden können. Ebenso sind die Finanzierungsmodelle für schulgeldfreie Ausbildungen an den Schulen des Gesundheitswesens und Modelle für Ausbildungsvergütungen auf Landesebene (weiter-)zu entwickeln.

6. Länderübergreifender Schulbesuch: Wiederaufnahme der vollzeitschulischen Berufsausbildungen in das Gastschulabkommen mit Hamburg/ Metropolregion

Der VDP fordert die Landesregierung auf, die beruflichen Ersatzschulen wieder in das Gastschulabkommen mit Hamburg aufzunehmen und die gegenseitige Möglichkeit des länderübergreifenden Schulbesuches mit den Partnern der Metropolregion Hamburg verbindlich zu regeln. Jedes Land in der Metropolregion sollte Schülerinnen und Schüler der Partnerländer so behandeln, als wären es seine eigenen. Sollte eine staatsvertragliche Regelung an dem Willen der anderen Bundesländer scheitern, sollte Schleswig-Holstein Ausnahmeregelungen in der Landeskinderklausel schaffen.

7. Ausbildungen in den Gesundheitsfachberufen: Keine KHG-Zwangsenteignungen für  Gesundheitsschulen, Entgelt statt Schulgeld, Teil- statt Voll-Akademisierung

Ein wachsender Fachkräftebedarf und steigende Anforderungen in der gesundheitlichen Versorgung haben auf Bundes- und Länderebene Diskussionen um eine Ausbildungsreform in den Gesundheitsfachberufen ausgelöst. Bundesweit müssen an allen Ausbildungsorten (ambulant oder stationär) die Schulgeldfreiheit und eine Ausbildungsvergütung verankert werden. Die umfassende Reform der Finanzierungsgrundlagen der Gesundheitsfachberufe ist dringend notwendig, um Ausbildungszahlen in diesen Zukunftsberufen zu erhöhen. Der VDP fordert, hier zügig mit der Anpassung der Rahmenbedingungen zu beginnen, die Bedingungen berufsfachschulischer Ausbildungen zu verbessern, Übergänge in eine Teil-Akademisierung zu gestalten und Ausbildungshürden abzubauen. Die praktische Berufsfachschulausbildung als Basis und das optionale wissenschaftliche Studium im Anschluss machen die Therapieberufe in Deutschland im internationalen Vergleich unschlagbar. Damit Therapie-Ausbildungen attraktiver werden, ist dringend eine bundesweite Neuordnung ihrer Finanzierungsgrundlage erforderlich. Das Ziel muss ein Finanzierungssystem sein, das bundeseinheitlich für alle Auszubildenden den Verzicht auf Schulgeld und die Zahlung einer Ausbildungsvergütung ermöglicht. Der bestehende Flickenteppich aus unterschiedlichen Länderlösungen führt zu einer nicht vergleichbaren Ausbildungssituation zwischen den Bundesländern. Dies hat massiv negative Auswirkungen auf die Ausbildungsattraktivität einzelner Standorte für potenziell Ausbildungsinteressierte. Das Ziel einer bundesweiten Schulgeldfreiheit mit entsprechender Refinanzierung muss zügig erreicht werden, um einerseits Ausbildungstourismus und andererseits dem weiteren Absinken der Ausbildungszahlen und somit einer Verschärfung des Fachkräftemangels effektiv entgegenzusteuern. Zur Wahrung der schulischen Eigenständigkeit und zur Sicherung der Ausbildungsstandorte sind Vertretende der Bildungseinrichtungen an den Verhandlungen der Ausbildungsbudgets zu beteiligen. Eine zwangsweise Ausbildungsfinanzierung über das KHG lehnen wir ab. Die Mehrzahl der Ausbildungsplätze wird durch Schulen in freier Trägerschaft angeboten, die nicht mit einem Akut-Krankenhaus verbunden sind. Eine KGH-Zwangskooperation lässt zudem nicht nur den ambulanten Versorgungssektor (niedergelassene Praxen und ambulante Rehabilitationseinrichtungen), sondern auch den gesamten stationären Rehabilitationssektor in der Finanzierung und Kooperationsmöglichkeit außen vor. Dies ist jedoch der Bereich, in dem mehr als 70 Prozent der Absolventinnen und Absolventen der Gesundheitsberufe tätig sind. Eine Finanzierung der Ausbildung darf auch zukünftig nicht an eine zwangsweise Anbindung an einen Krankenhausträger gebunden sein. Die Richtlinie für die Gewährung von Zuwendungen zur Verwirklichung der Schulgeldfreiheit in den Ausbildungen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie ist bis zum Inkrafttreten einer Bundeslösung für die schulgeldfreie und vergütete Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen weiter fortzuschreiben und zu verbessern. Schulplätze für die Schülerinnen und Schüler in den Ausbildungsgängen medizinische Bademeister und Masseure, die derzeit nicht aus der Richtlinie gefördert werden und Schulbeiträge für ihre Ausbildung entrichten müssen, sind in die Refinanzierung schulgeldfreier Ausbildungen einzubeziehen. Die Deckelung der geförderten Schulplätze ist aufzuheben oder signifikant zu erhöhen. Denn die Grundlage für die Haushaltsplanung und die Refinanzierung der Schulplätze muss der Fachkräftebedarf sein. Die derzeitige Bedarfsberechnung beruht auf dem Durchschnitt der Schülerzahlen des Schuljahres 2017. Mit Aufhebung der Schulbeiträge hat sich die Zahl der Bewerber aber vervielfacht: An bestimmten Standorten kommen auf 300 Bewerber nur 30 geförderte Plätze. Die Beibehaltung der bisherigen Deckelung geförderter Schulplätze steht im Widerspruch zu dem gemeinsamen Anliegen, dem weiter steigenden Fachkräftebedarf durch höhere Ausbildungszahlen zu begegnen. Die Auswertung des Branchenmonitorings für Gesundheitsberufe und ein Vergleich der Schülerzahlen je Einwohner mit anderen Bundesländern weisen darauf hin, dass Ausbildungskapazitäten für die Physiotherapie in Schleswig-Holstein ausgebaut werden müssen. Bereits jetzt führt die begrenzte Zahl klinischer Praktikumsplätze regional zu einem Nadelöhr bei der Zahl der möglichen Ausbildungsplätze an Schulen. Im Bereich der Physiotherapie sollten deshalb praktische Ausbildungsbestandteile nicht nur auf klinischen Einrichtungen begrenzt sein. Der Anteil praktischer Ausbildungsbestandteile an nicht-klinischen Einrichtungen ist zu erhöhen. Ein Ausschluss ambulanter Therapiepraxen als für praktische Ausbildungsteile geeignete Einrichtungen widerspricht der typischen therapeutischen Berufswelt, auf die die Ausbildung erfolgreich vorbereiten soll. Sie verschärft auch ohne Not die Fachkräftesituation. Durch einen weiterhin verpflichtenden Anteil klinischer Praktika für jeden Physiotherapieschüler kann die Vermittlung von in ambulanter Form nicht oder nicht in ausreichender Zahl typischerweise behandelter Störungsbilder und Therapieformen auch weiterhin sichergestellt werden, um einen qualitativ hochwertigen Einblick in alle Fachrichtungen zu gewährleisten, ohne zugleich Ausbildungskapazitäten durch eine reine Beschränkung auf klinische Praktika zu begrenzen.

8. Weiterentwicklung der Pflegehilfe und Anpassungen bei dem Bestandsschutz für Lehrende in der Pflegefachkraftausbildung

Die Berufe in der Pflegehilfe sind zu einer schulgeldfreien zweijährigen Pflegehilfeausbildung in der Altenpflegehilfe und der Krankenpflegehilfe mit Ausbildungsentgelt weiterzuentwickeln. Die Landesverordnung über die Berufe in der Pflegehilfe (Pflegehilfeberufeverordnung – PflHBVO) regelt in Abschnitt 2 die gemeinsamen Vorschriften der Ausbildungen Altenpflegehilfe (Abschnitt 3) und Krankenpflegehilfe (Abschnitt 4). Die Ausbildung findet in Vollzeit (zwölf Monate) oder in Teilzeit (Höchstdauer zwei Jahre) mit 700 Unterrichtsstunden theoretische Ausbildung in einer staatlich anerkannten Pflegeschule, die die Gesamtverantwortung für die Ausbildung trägt, und 900 Stunden praktischer Ausbildung beim Träger der praktischen Ausbildung statt. Der erfolgreiche Abschluss in der Pflegehilfe (Altenpfleghilfe/ Krankenpfleghilfe) ermöglicht die verkürzte generalistische Pflegefachkraftausbildung. Eine Verlängerung der Helferausbildung auf zwei Jahre erlaubt den Bezug von Bafög. Das bislang freiwillige Ausbildungsentgelt soll verpflichtend werden. In § 9 des Pflegeberufegesetz (PflBG) ist festgehalten, dass ein Verhältnis von einer hauptberuflichen Lehrkraft (in Vollzeit) zu 20 Ausbildungsplätzen zu bestehen hat. Diese Regelung kann, befristet bis zum 31. Dezember 2029, durch landesrechtliche Vorgaben angepasst werden. Um die Ausbildung zur Pflegefachkraft landesweit für möglichst viele motivierte und interessierte Bewerberinnen und Bewerber sicher zu stellen, ist es sehr wichtig, kurzfristig geeignete Lehrkräfte zu gewinnen und die Zahl der Ausbildungsplätze an den vorhandenen und neugegründeten Pflegeschulen zu erhöhen. Hierzu sind zwingend weitere Anpassungen bei der Zulassung von hauptberuflichen Lehrkräften an bestehenden und nach dem 31.12.2019 neu gegründeten Pflegeschulen vorzunehmen:
- Absolventinnen und Absolventen mit Bachelorabschluss in der Pflegepädagogik oder in einem anderen berufsspezifischen Studiengang werden als hauptamtliche Lehrkräfte anerkannt, wenn sie sich mit einem insbesondere pflegepädagogischen Masterabschluss nachqualifizieren,
- Absolventinnen und Absolventen mit Bachelorabschluss in der Pflegepädagogik oder in einem anderen berufsspezifischen Studiengang werden als hauptamtliche Lehrkräfte anerkannt, wenn sie bis zum 31.12.2029 eine pflegepädagogische Zusatzqualifikation für ihre Lehrtätigkeit erwerben

Die Anwendung ist sowohl für neues Personal an vorhandenen Schulen als auch bei Neugründungen von Pflegeschulen erforderlich, denn die bisherigen Qualifizierungsangebote, insbesondere Masterstudienplätze sind nicht ausreichen, um den Bedarf an hauptberuflichen Lehrkräften zu decken. Auch die zahlreichen anerkannten hauptamtlichen Lehrenden der Gesundheits- und Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege müssen pädagogischen Zusatzqualifikationen erwerben können. Denn neben den geforderten Pflegepädagogen nach § 9 PflBG sollen auch weiterhin Lehrende an Pflegeschulen tätig sein können, die über ein anderes berufsspezifisches Studium verfügen. Nur so können die guten Erfahrungen, die mit dem Einbringen unterschiedlicher pflegerelevanter Qualifikationen bisher gemacht wurden, auch weiterhin zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Pflegeausbildung beitragen.

9. Ausgleich für Wartefrist und Bewährte Träger-Regelung

Wir fordern, für die nicht gewährte Finanzhilfe während der zweijährigen Wartefrist von Schulneugründungen einen rückwirkenden Ausgleich zu leisten, wenn der Schulbetrieb während der Wartefrist beanstandungsfrei geführt wurde. Die Wartefristregelung ist außerdem im Bereich der Ausnahmetatbestände für Neugründungen oder Erweiterungen bestehender Schulträger zu überarbeiten, die die Wartefrist bereits erfüllt und damit ihre Verlässlichkeit nachgewiesen haben („bewährte Träger“): Schulträger, die bereits eine Ersatzschule im Land Schleswig-Holstein mindesten fünf Jahre betrieben und eine Wartefrist beanstandungsfrei erfüllt haben, sind von einer erneuten Wartefrist generell zu befreien.

Lübeck, 30. März 2022

Bärbel Krakor       Andreas Hagenkötter      Christian Schneider
Landesvorstand    Landesvorstand              Landesgeschäftsführer